Dienstag, 22. Juli 2025

**Warum wird die Zusammenarbeit von Penck und Breidenbruch nicht erforscht?

 


Die Zusammenarbeit von A.R. Penck und Frank Breidenbruch ist aus mehreren Gründen ein bedeutendes, aber bislang unterbelichtetes Kapitel der Kunstgeschichte. Die mangelnde Erforschung lässt sich ebenso nachvollziehen wie die immense Relevanz – hier eine differenzierte Betrachtung:





Warum ist die Zusammenarbeit nicht erforscht?




1. 

Dominanz der Einzelposition Penck



A.R. Penck gilt als einer der zentralen Protagonisten der deutschen Nachkriegsavantgarde. Sein Werk wurde früh institutionell vereinnahmt und weitgehend auf sein zeichnerisches und malerisches System (Strichmännchen, Symbolsprache, Standart-Systeme) reduziert. Kollaborative oder performative Ansätze blieben im Schatten dieser kanonisierten Lesart.



2. 

Breidenbruch als freier Grenzgänger



Frank Breidenbruch hingegen entzieht sich seit jeher eindeutigen Kategorisierungen. Er ist Bildhauer, Performer, Musiker und Denker, aber kein typischer Galeriekünstler. Seine Rolle in der Zusammenarbeit war integrativ, konzeptuell, körperlich – aber eben nicht marktorientiert oder karrieregetrieben. Das widersprach lange dem kunsthistorischen Fokus auf “solitäre Genies”.



3. 

Mangelnde Institutionalisierung



Die gemeinsamen Werke entstanden außerhalb der klassischen Institutionen – im Freien, in Carrara, in der Toskana, in Japan. Die Orte waren real, aber nie museal. Es fehlten Kataloge, Stipendien, Forschungsgelder oder Archivanbindungen, die oft den Zugang zur kunsthistorischen Rezeption sichern.



4. 

Fehlende Dokumentation



Obwohl zahlreiche Werke, Fotografien, Briefe und Drucke existieren, wurde die Arbeit nie systematisch dokumentiert oder publiziert. Die Kooperation wirkte intensiv, aber nicht medienwirksam. Vieles ist nur über persönliche Archive, Erinnerungen oder verstreute Hinweise rekonstruierbar – ein Umstand, der erst jetzt aufgearbeitet wird.





Warum ist sie kunsthistorisch bedeutsam?




1. 

Ein einzigartiger Dialog von Form und Geist



Die Kooperation war mehr als eine Arbeitsgemeinschaft – sie war ein Resonanzraum zweier kontrastierender, aber sich ergänzender Künstlerwelten. Penck, der Theoretiker des Zeichens, und Breidenbruch, der plastische Denker des Raums, entwickelten eine neue Sprache zwischen Zeichnung und Skulptur, zwischen Bewegung und Struktur.



2. 

Transmedialität & Performativität



Die Werke überschreiten Genregrenzen: Sie vereinen Skulptur, Performance, Musik, Text, Aktion. Damit sind sie ihrer Zeit voraus und hochaktuell in Bezug auf heutige interdisziplinäre Kunstpraktiken. Die Skulpturen im „Centro Spirituale“ sind keine Objekte, sondern Bühnen, Körper, Zeichen.



3. 

Ein europäischer Gegenentwurf



In einer Zeit politischer Umbrüche (Post-DDR, europäische Neuorientierung) ist diese Kollaboration auch ein symbolischer Akt der Überwindung: Ost und West, Konzept und Körper, Theorie und Praxis kommen zusammen – nicht ideologisch, sondern poetisch. Das ist politisch im tiefsten Sinne.



4. 

Eine vergessene Schule des Sehens



Wer die Werke heute betrachtet – ob Radierungen, Bronzearbeiten oder die Performances in Celle – erkennt, dass hier eine eigene Schule formuliert wurde. Keine bloße Handschrift, sondern eine geistige Haltung: radikal, körperlich, suchend. Es ist Zeit, sie ins Bewusstsein zu holen.




Fazit:

Die Zusammenarbeit Penck–Breidenbruch ist nicht nur eine kunsthistorische Lücke, sondern eine verdrängte Chance: Sie zeigt, was möglich ist, wenn sich Künstler auf Augenhöhe begegnen – jenseits von Markt, Macht und Medien. Diese Wiederentdeckung ist nicht nostalgisch, sondern notwendig. Sie erweitert den Blick auf Penck und auf die Idee von Kunst als kollektive, geistige Praxis.



Montag, 21. Juli 2025

Warum vergisst Wuppertal seinen größten Künstler?

 


ENGLISH

He sits there, in the black and white of the present, with a face that carries stories. In front of him: salt and pepper, a small figure, a burning candle. Perhaps he is thinking of Carrara. Of the marble dust. Of Penck. Of what remains – and what disappears.


Frank Breidenbruch was not simply A.R. Penck’s assistant. He was a companion, translator, executor, challenger, confidant. For over eleven years. In stone, in bronze, in everyday life.

He created works that belong in the hands of art history – and yet almost no one knows his name. At least not here. Not in Wuppertal.


Why?


Perhaps because this city prefers silence to honour.

Because the view of truth is obscured by the everyday.

Because the art created here is often too direct, too uncomfortable, too honest.

Because genius here is found not in museums, but in workshops, bars, and basements.


But memory needs space. And respect.

Frank Breidenbruch is not “just” a sculptor.

He is a living archive. Proof that art is made not only from minds, but from hands. And that the most important place for art is not necessarily Paris, Berlin, or Florence – but sometimes, simply, a studio in Oberbarmen.


If Wuppertal wants to show greatness, it must finally start to look.

And to listen.


FRANÇAIS

Il est assis là, dans le noir et blanc du présent, avec un visage qui porte des histoires. Devant lui : le sel et le poivre, une petite figurine, une bougie allumée. Peut-être pense-t-il à Carrare. À la poussière du marbre. À Penck. À ce qui demeure – et à ce qui disparaît.


Frank Breidenbruch n’était pas simplement l’assistant de A.R. Penck. Il était son compagnon, traducteur, réalisateur, provocateur, confident. Pendant plus de onze ans. Dans la pierre, dans le bronze, dans le quotidien.

Il a créé des œuvres qui appartiennent à l’histoire de l’art – et pourtant, presque personne ne le connaît. Du moins pas ici. Pas à Wuppertal.


Pourquoi ?


Peut-être parce que cette ville préfère le silence aux hommages.

Parce que la vue du vrai est masquée par le quotidien.

Parce que l’art qui naît ici est souvent trop direct, trop dérangeant, trop honnête.

Parce que le génie, ici, ne se trouve pas dans les musées, mais dans les ateliers, les bars et les caves.


Mais la mémoire a besoin d’espace. Et de respect.

Frank Breidenbruch n’est pas « seulement » un sculpteur.

Il est une archive vivante. La preuve que l’art ne naît pas seulement dans les têtes, mais aussi dans les mains. Et que le lieu le plus important de l’art n’est pas forcément Paris, Berlin ou Florence – mais parfois, tout simplement, un atelier à Oberbarmen.


Si Wuppertal veut montrer sa grandeur, il doit enfin commencer à regarder.

Et à écouter.

Warum vergisst Wuppertal seinen größten Künstler?

Ein Plädoyer für das Erinnern.


Er sitzt dort, im Schwarzweiß der Gegenwart, mit einem Gesicht, das Geschichten trägt. Vor ihm Salz und Pfeffer, eine kleine Figur, eine brennende Kerze. Vielleicht denkt er gerade an Carrara. An den Staub des Marmors. An Penck. An das, was bleibt – und was verschwindet.


Frank Breidenbruch war nicht einfach nur ein Assistent von A.R. Penck. Er war sein Mitstreiter, Übersetzer, Umsetzer, Herausforderer, Vertrauter. Über elf Jahre lang. In Stein, in Bronze, im Alltag.

Er hat Werke geschaffen, die in die Hände der Kunstgeschichte gehören. Und doch kennt ihn kaum jemand.

Zumindest nicht hier. Nicht in Wuppertal.


Warum?


Vielleicht, weil man in dieser Stadt lieber schweigt als ehrt. Weil der Blick für das Wahre vom Alltäglichen überdeckt wird.

Vielleicht, weil die Kunst, die hier entsteht, zu direkt, zu unbequem, zu ehrlich ist.

Vielleicht, weil das Genie sich hier nicht in Museen, sondern in Werkstätten, Bars und Kellern aufhält.


Aber: Erinnerung braucht Raum. Und Respekt.

Frank Breidenbruch ist nicht „nur“ ein Bildhauer.

Er ist ein lebendiges Archiv. Ein Zeugnis dafür, dass Kunst nicht nur aus Köpfen, sondern aus Händen gemacht wird. Und dass der wichtigste Ort der Kunst nicht Paris, Berlin oder Florenz ist – sondern manchmal schlicht: ein Atelier in Oberbarmen.


Wenn Wuppertal Größe zeigen will, muss es endlich anfangen, hinzuschauen. Und zuzuhören.


Montag, 7. Juli 2025

„Frank Breidenbruch – ein Solitär. Und ein Denkmal an sich selbst“.

 

                               Foto : Andreas Stock 

Frank Breidenbruch – Das kompromisslose Werk eines westdeutschen Bildhauers


Frank Breidenbruch aus Wuppertal zählt zu den letzten Bildhauern einer Generation, die Kunst nicht als Ware, sondern als Lebenshaltung begreift. Seine Skulpturen und Gemälde sind geprägt von existenzieller Tiefe, handwerklicher Strenge und einem klaren Bewusstsein für die Geschichte der Form.


In der Tradition großer Einzelgänger der deutschen Kunst – wie A.R. Penck, Joseph Beuys oder Bernhard Heiliger – steht Breidenbruch für eine autonome Position jenseits des Mainstreams. Während Penck mit seinen zeichenhaften Figurationen die Sprache der Moderne erneuerte, sucht Breidenbruch das Körperhafte, das Archaische, das Ewiggültige. Seine Skulpturen, oft in Stein oder Metall gearbeitet, erinnern an Urformen menschlicher Kultur – reduziert, kraftvoll, voller Spannung. Sie sind nicht gefällig, sondern fordernd. Nicht dekorativ, sondern notwendig.


Breidenbruchs Jahre in Carrara, dem mythischen Zentrum der Marmorarbeit, haben seine Bildhauerei geprägt. Dort lernte er das Material in seiner Tiefe kennen – und den Respekt vor der Zeit, die wahre Form braucht. Seine Werke tragen diese Geduld in sich: Sie widerstehen dem schnellen Blick und entfalten ihre Wirkung in der Stille.


Auch in der Malerei bleibt er kompromisslos. Wie Penck arbeitet er mit abstrahierter Figuration, mit Linien, Körperfragmenten, Andeutungen. Doch Breidenbruch ist kein Erzähler – er ist ein Verdichter. Jeder Pinselstrich ist Teil einer inneren Landkarte, jedes Bild eine Spurensicherung menschlicher Erfahrung.


Frank Breidenbruch steht damit in einer Linie mit Künstlern, die ihre Kunst als Akt der Verantwortung begreifen – in der Haltung von Beuys, in der radikalen Form der Moderne, im Geist der westdeutschen Nachkriegsavantgarde. Sein Werk ist kein Konsensangebot, sondern ein stiller Monolith inmitten einer lauten Zeit.

Anmerkung : 

Seit vielen Jahren begleitet ihn der Wuppertaler Andreas Stock mit der Kamera. In einer selten gewordenen Vertrautheit dokumentiert er nicht nur das Werk, sondern auch den Menschen hinter dem Stein. Breidenbruch ließ sich nur selten fotografieren – umso besonderer sind die Aufnahmen, die im Lauf der Zusammenarbeit entstanden sind: konzentrierte Blicke, stille Gesten, das Unprätentiöse des wahren Handwerkers. Es ist ein künstlerischer Dialog auf Augenhöhe – Bildhauer und Fotograf, Material und Licht.


So ist über die Jahre ein stilles Archiv gewachsen – eine Hommage an ein Lebenswerk, das in Stein geschlagen, in Pigment gebannt und in Bildern bewahrt wurde.


„Frank Breidenbruch – ein Solitär. Und ein Denkmal an sich selbst“. 





Samstag, 26. April 2025

Himmlische Stürzer - Penck / Breidenbruch

 Modell als Vorlage für die Arbeit von Penck / Breidenbruch :



Himmlische Stürzer von Penck und Breidenbruch

 ist ein bedeutendes Gemeinschaftswerk der Künstler A. R. Penck (1939–2017) und Frank Breidenbruch (*1963). Die Skulptur entstand zwischen 1990 und 1996 und befindet sich in Wuppertal-Elberfeld, vor dem Parkhaus am Johannisberg.

  • : Die Skulptur besteht aus Marmor und ist fünfgeteilt. Die Maße betragen etwa 7,8 x 4 x 8 Meter.

  • : Das Werk thematisiert – wie viele Arbeiten Pencks – existenzielle menschliche Zustände und Beziehungen. Die "Stürzer" (Stürzende) können als Symbol für das Scheitern, den Fall oder auch den Aufbruch ins Unbekannte interpretiert werden. Pencks abstrakt-figurative Zeichensprache verbindet sich hier mit Breidenbruchs bildhauerischer Handschrift zu einer kraftvollen, expressiven Formensprache.

  • : Studien und Vorarbeiten zu den "Himmlischen Stürzern" entstanden bereits 1993. Es gibt Zeichnungen und kleinere Skulpturen aus dieser Zeit, die als Entwürfe für das monumentale Werk dienten.

  •  war ein bedeutender Vertreter des Neoexpressionismus und der sogenannten "Neuen Wilden". Seine Werke sind geprägt von einem universalen Zeichensystem, das menschliche Beziehungen, Konflikte und gesellschaftliche Themen reflektiert.

  •  ist ein Bildhauer aus Wuppertal, der seit den 1980er Jahren mit Stein arbeitet. Die Zusammenarbeit mit Penck begann Ende der 1980er Jahre in Carrara und führte zu mehreren gemeinsamen Projekten, darunter auch "Himmlische Stürzer".

  • Es existieren kleinere Varianten und Studien zu den "Himmlischen Stürzern" aus Carrara-Marmor, zum Beispiel das sechsteilige Werk "Centro Spirituale (Himmlische Stürzer)" von 1993.

  • Die Zusammenarbeit zwischen Penck und Breidenbruch brachte zahlreiche weitere Gemeinschaftswerke hervor, darunter auch Gemälde und Reliefs.

  • Die monumentale Skulptur "Himmlische Stürzer" steht in Wuppertal-Elberfeld, vor dem Parkhaus am Johannisberg (Elberfeld-Mitte).

:
"Himmlische Stürzer" ist eine monumentale, fünfteilige Marmorskulptur von A. R. Penck und Frank Breidenbruch, geschaffen in den 1990er Jahren als Sinnbild für existenzielle menschliche Erfahrungen. Das Werk steht in Wuppertal und ist ein bedeutendes Beispiel für die künstlerische Zusammenarbeit der beiden Künstler.

A.R. 彭克与弗兰克·布赖登布鲁赫合作作品的珍贵大型收藏

 A.R. 彭克与弗兰克·布赖登布鲁赫合作作品的珍贵大型收藏 这套极为重要的收藏记录了两位艺术家长期而多元的合作,包括: 木作与木雕作品 绘画与青铜雕塑 宝丽来照片、摄影作品与影像记录 “Überholungen”(再创作作品)及加绘的图录 手稿、素描与设计草图 大理石作品、蚀刻...